Prokrastination



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“Was du heute kannst besorgen, das verschiebe stets auf morgen”. 

Wir sind sehr gut in unserem Job, wir sind pünktlich und fleißig. Dennoch neigen acht von zehn Deutschen dazu alltäglich Erledigungen aufzuschieben. 

Darum geht es in diesem Beitrag: Warum und wann prokrastinieren wir? Und was können wir dagegen tun? 


Einer der offensichtlichen Hauptbedingungen, wegen der wir unsere Erledigungen verschieben, ist die Menge an Arbeit, welche mit dieser verbunden wäre. 

Eine Hausarbeit, ein Praktikumsbericht, die Steuererklärung - die Deadlines sind klar und deutlich und trotzdem zögern wir. Doch auch im Hinblick auf unsere kleineren Aufgaben sind wir nicht gerade die Motiviertesten. Wieso fällt es uns also leicht, kleine, wie auch große Aufgaben aus unserer To-Do-Liste, ohne schlechten Gewissens zu verschieben? 


“Made in Germany”


Ganze 82% der Deutschen sollen laut einer Studie sogar gesundheitliche Nachteile erfahren haben, weil sie Dinge aufgeschoben haben. Dies könnte auch mit der, im internationalen Vergleich stärkeren, perfektionistischen Art der Deutschen zusammenhängen. Da verpasst man lieber die Deadline, als sich vor dem Arbeitgeber, Dozenten oder sogar dem Finanzamt zu ‘blamieren’. Zusätzlich leben wir in Deutschland in einer repräsentativen Industriegesellschaft, welche sich natürlich nicht nur von Einnahmen der Bürger durchs Nichtstun finanziert. Wir arbeiten also. Wir arbeiten auch viel und haben daher eine höhere Wahrscheinlichkeit zum Prokrastinieren. Eine solche Wahrscheinlichkeit spiegelt sich nicht nur in Deutschland wieder, sondern lässt sich global verteilt in allen Industriestaaten feststellen.


Bekanntermaßen prokrastinieren Menschen in einer psychisch labilen Phase häufiger, aber Prokrastination kann sich auch zu einer Störung entwickeln, die psychologische Hilfe erfordert. Auch gesundheitliche Schäden können durch verpasste Fitnessstudio-Gänge, unerfüllte Neujahrsvorsätze, die versäumte Ernährungsumstellung oder die verschobene Diät entstehen. Solltest du an dir oder an einer Person in deinem Umfeld feststellen, dass es zu einer extremen Häufung an aufgeschobenen Aufgaben kommt, gibt es verschiedene Möglichkeiten Hilfe zu suchen. Auch wenn es sich vielleicht nur um eine Phase handelt, kannst du durch ein Gespräch mit Spezialisten vermeiden, dass es sich in eine negative Richtung entwickelt. Du kannst dich beispielsweise an Vertrauenspersonen an deiner Schule, der Uni oder den Betriebsarzt wenden. Wir haben auf unserer Seite auch eine Liste mit Anlaufstellen, die du dir gerne anschauen kannst. Bei diesen Anlaufstellen wie zum Beispiel dem Sorgentelefon kannst du vertrauenswürdige Infos zu dem Thema erhalten und über Therapiemöglichkeiten sprechen.


Unerledigt, unfertig - wie spart man sich das Prokrastinieren?


Den Stress kurz vor der Klausur oder vor der Abgabe der Facharbeit kennen viele. Selbstverständlicherweise lassen sich einige Dinge nicht so schnell erledigen, wie andere und erfordern daher mehr Zeit- und Energieaufwand. Es gibt jedoch auch Wege, mit diesem Stress besser umzugehen zu lernen:

(1)        Mach dir ein Bild von dem, was dir gerade an Aufgaben bevorsteht. Seien es die kleinsten Kleinigkeiten oder     große bevorstehende Erledigungen und Besorgungen. Eine Liste bietet dir hier einen super Überblick und lässt zu, dass du den Fokus nicht verlierst. Du kannst zum Beispiel auch eine Skizze erstellen, aber auch ein Bild zeichnen oder einen Text schreiben. Hierbei geht es in erster Linie nur darum, für dich selbst Klarheit zu schaffen. 

          Dieses für dich geschaffene Bild dient dir jetzt zur Orientierung. Eine Liste kann hier helfen, um erfüllte Aufgaben abzuhaken und sich um die nächsten Aufgaben zu kümmern. Auch kannst du die Aufgaben nach Wichtigkeit, Dringlichkeit und Aufwand sortieren. 

(2)       Die Liste steht, was nun? Klar, fehlt es nicht (immer) nur an der Organisation, sondern vielmehr an der Motivation. Aufzustehen und die Spülmaschine ausräumen oder die Post zu sortieren, beansprucht viel Disziplin. Hier gilt leider wieder das alte Sprichwort: von Nichts, kommt Nichts. Motivation ist in diesem Zusammenhang schwierig an zu trainieren, doch machbar. Eine Idee wäre es dich nach einer bestimmten Zeitspanne oder nach einer gewissen Anzahl von erledigten Aufgaben, selbst zu belohnen. Ein entspanntes Bad nach einer langen Lernsession oder eine kohlenhydratreiche Pizza nach einem harten Monat voller Training und strikten Ernährungsplan; nicht umsonst existieren auch zum Beispiel sogenannte “Cheat Days”, auch wenn diese nicht unbedingt die Intention der Belohnung verfolgen. Alles in allem, lässt sich die Motivation nur entwickeln, wenn man die Bereitschaft dazu hat.

"Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer." - Lucius Annaeus Seneca, römischer Philosoph, 65 n. Chr.

(3)     Was brauchst du dringend und unvermeidlicherweise, wenn du deine To-Do-Liste abarbeiten möchtest? Genau, Zeit! Das generationsübergreifende Zeitproblem stellt eine meist aussichtslose Situation dar. Darunter leiden natürlich nicht nur Job, Studium oder Lehre, sondern auch das Privatleben. Die Möglichkeit sich Zeit für seine eigenen, wichtigen Dinge zu nehmen, besteht nur noch selten. Wie soll man sich also Zeit für Dinge nehmen, dessen Frist noch etwas in der Zukunft liegt? Wahrscheinlich liegt auch genau in diesem Gedanken die Problematik: wir schieben Dinge auf, von denen wir wissen, dass sie jetzt in diesem Moment noch keine Eile haben und sie erscheinen uns deswegen weniger wichtig. Der Gedanke Dinge im Hier und Jetzt zu erledigen, um morgen nicht mehr drüber nachdenken zu müssen, kommt uns gar nicht erst oder verschwindet genauso schnell, wie er auch kam. Doch leider kann verfügbare Zeit mit Zeit, welche man vorzugsweise mit seinen Liebsten verbringt, kollidieren und diese erscheint dann wichtiger, als sich mit unwichtigem Papierkram oder einem vollen Spülbecken zu beschäftigen. Manchmal muss man sich die Zeit für banale To-Do-Listen tatsächlich nehmen, auch wenn man sie nicht hat. 


Prokrastination gehört dazu


Es ist immer stressig im letzten Moment dann doch das Gaspedal betätigen zu müssen, doch manchmal gehört das Aufschieben dazu. Wichtig ist hierbei vor allem, dass es sich lohnt und es auch funktioniert. Auch wenn es sich hierbei bei einer extremen Häufung dieses Aufschiebens um ein ernstes Thema handelt, gehört das Prokrastinieren für viele zum Alltag dazu. Außerdem existieren selbstverständlicherweise auch Dinge, die vielleicht nicht auf einer To-Do-Liste stehen, aber doch Vorrang haben sollten. Es geht darum ein Gleichgewicht zu finden und sich nicht gestresst, sondern gut dabei zu fühlen.







Psychologie
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